Aus deutschen Landen frisch in die Konsole – das gilt bei den Werken der Entwickler von Deck13. Die Frankfurter haben, und das dürfte für Konsolenzocker wohl am meisten Relevanz haben, 2014 den schwer von „Dark Souls“ inspirierten Titel „Lords of the Fallen“ veröffentlicht. In eine ähnliche Kerbe schlägt jetzt auch „The Surge“, und was Euch diesbezüglich erwartet, erfahrt Ihr in unserem Test.
Schluss mit lustig!
„The Surge“ erzählt uns die Geschichte einer recht unangenehmen Zukunft für uns Erdenbewohner: Die Zerstörung der Umwelt hinterlässt unseren Planeten in einem Zustand, den man am ehesten als „Ödland“ bezeichnen könnte. Ein Mega-Unternehmen verschafft sich Profite, in dem es Menschen zur Schwerstarbeit bringt. Zu diesem Zweck baut man Exoskelette, die den Trägern deutlich höhere Kräfte verleihen. Auch unser Protagonist will so eine Prothese haben, schließlich ist er querschnittsgelähmt und erhofft sich dadurch, wieder ein normales Maß an Mobilität zu erreichen. Doch nachdem der Eingriff abgeschlossen ist, muss er feststellen, dass eine KI die Exoskelette übernommen hat und diese jetzt rund drehen lässt. Jetzt liegt es an uns, Hintergründe zu erfahren und die Gefahren unschädlich zu machen.
Schon im Vorfeld der Veröffentlichung konnte man lesen, dass „The Surge“ so eine Art Dark Souls im SciFi-Umfeld sein wird. Und um es kurz zu machen: Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Dass man so manche Idee, so manches Konzept und bestimmt auch die eine oder andere Komponente aus „Lords of the Fallen“ übernommen hat, liegt dabei auf der Hand. Macht nichts, den Titel fanden wir damals trotz der offenkundigen Abkupferei sehr, sehr gut – da war die Spannung auf „The Surge“ natürlich groß.
Und wieder: Das kennen wir doch schon!
Schnell wird offensichtlich, welche Bestandteile ihren Weg per Recycling in das neue „The Surge“ gefunden haben. Gegner hinterlassen nach dem Bekämpfen Altmetall, je mehr man davon trägt, umso mehr lassen die Feinde fallen. Stirbt man, verliert man den Bestand, kann diesen aber wieder zurückholen. Und besonders vorsichtige Naturen können das Altmetall auch regelmässig an entsprechenden Speicherstätten in Sicherheit bringen. Ein Konzept, das wir nicht nur aus „Lords of the Fallen“ kennen, das Ganze wurde ja bereits in „Dark Souls“ eingeführt.
Das Kampfsystem ist zwar recht leicht zu verstehen, aber schwer zu meistern. Insgesamt ist das Ganze etwas komplexer als bei „Lords of the Fallen“, so gibt es nich nur leichte und schwere Angriffe, sondern auch horizontale und vertikale Attacken, außerdem müssen wir ganz gezielt Gliedmaßen der Gegner ins Fadenkreuz nehmen. Nicht nur, dass es da weniger geschützte Stellen gibt, an denen die Feinde verwundbarer sind, Gliedmaßen mit Rüstungsteilen oder Waffen abzutrennen, liefert uns neues Equipment und Ressourcen – eine blutrünstige, aber gute Idee. Die aus „Souls“-Titeln kaum wegzudenkende Ausweich-Rolle wurde durch einen Dash ersetzt, dafür darf man manche Gegner aber auch aus dem Rutschen heraus angreifen.
Dark Surge
Gerade in Zeiten, in denen die „Souls“-Reihe bis auf Weiteres Sendepause hat, darf man sich über Spiele, die sich zwar relativ schamlos, aber auch mit eigenen Abwandlungen, an den großen Vorbildern bedienen, freuen. Erst recht, wenn man das so gut macht wie Deck13: Die Kämpfe sind fordernd, Strategien zumeist recht offensichtlich und logisch. Man muss sich – wie es sich für das Genre gehört – ganz schön ins Zeug legen, um voran zu kommen. Es gibt eine recht große Bandbreite an Gegnertypen, auch wurde das Sci-Fi-Konzept zumindest in Teilen recht überzeugend umgesetzt, beispielsweise durch EMP-Angriffe und dergleichen mehr.
Allerdings wurde der Fernkampf beinahe ersatzlos gestrichen. Wo man sich etwa bei „Lords of the Fallen“ unter Umständen noch aus der Distanz schadlos halten konnte, gibt es bei „The Surge“ nur eine Kampfdrohne. Diese ist zwar alles andere als völlig nutzlos, allerdings hätten wir uns doch angesichts des futuristischen Szenarios diesbezüglich ein wenig mehr gewünscht. Denkt man an Krieg gegen wildgewordene Maschinen und Roboter, so kommen unweigerlich Gedanken an Laserwaffen ins Spiel. Auch in „The Surge“ hätte es garantiert Spielraum für so etwas gegeben – notfalls eben mit schwer limitierter Munition. Es hätte uns zumindest sehr interessiert, was Deck13 aus dieser Idee gemacht hätte.
Gut gemacht!
Die Entwickler von „The Surge“ haben in diesem Genre ja mittlerweile einige Erfahrung sammeln dürfen, und das zeigt sich vor allem in Hinsicht auf das Design der Spielwelt. Hier hat Deck13 ganze Arbeit geleistet, ähnlich wie bei „Lords of the Fallen“ gibt es immer wieder Türen, bei denen man sich wundert, was dahinter wohl auf den Spieler wartet – nur um viel später dort von der anderen Seite aus eine Abkürzung freizuschalten. Man achtet dieses Mal darauf, dass man bestimmte Gebiete nicht unter einem Mindestlevel betreten kann. Dies mag zwar in Hinsicht auf die Fairness und das Balancing eine verständliche Entscheidung gewesen sein, Speedrunner dürften sich darüber aber ärgern.
Und auch bei der Präsentation hat man alles richtig gemacht. Vielleicht wird „The Surge“ nicht zur neuen technischen und optischen Referenz, das Spiel sieht aber recht gut aus und läuft auch ordentlich. Es zeigt sich, dass es unter Umständen durchaus sinnvoll sein kann, eine eigene Engine zu nutzen, wenn man diese in- und auswendig kennt. Die mag zwar vielleicht etwas weniger leistungsfähig sein als die ganz großen der Branche, allerdings müssen die auch erst einmal ordentlich beherrscht werden. Außerdem zeichnet sich „The Surge“ durch eine gute deutsche Synchronisation inklusive ebenso deutscher Texte aus – alles andere würde uns bei einem Produkt aus Deutschland aber auch irgendwie wundern. Unterstrichen wird das dann noch durch einen passenden Soundtrack – so richtig zu meckern haben wir in Sachen Präsentation nichts.
Besser gut kopiert als schlecht erfunden
Wer Deck13 und deren Produkten kritisch gegenübersteht, mag sich in seinen Vorurteilen bestätigt sehen: Ja, man hat sich wieder schamlos am „Souls“-Konzept bedient. Allerdings hat man – im Gegensatz zu „Lords of the Fallen“ – auch eine ganze Menge eigener Ideen verbaut. Das Resultat ist ein erquickliches Game mit so mancher kniffligen Herausforderung und mit den üblichen anstrengenden Bossgegnern, das fordert, aber nicht überfordert.
Gut gefallen hat uns, dass man auch mal aus dem reinen Fantasie-Muster ausbricht. Vielleicht hätte man das futuristische und dystopische Szenario ein bisschen intensiver in das Gameplay (etwas konkreter: In die Kampfmechanik) einfließen lassen können. Das wird für viele Fans des „Souls“-Genres durchaus interessant und spannend sein – und deshalb kann man sich „The Surge“ auch ruhig mal näher anschauen.
[taq_review] [asa2]B06VVG2JV7[/asa2]