Man kann es – bei aller Liebe für die Xbox-Plattform – ruhig zugeben: In den letzten Jahren hat Sony die Nase bei den exklusiven First-Party-Titel ziemlich weit vorne. Mit „God of War“ kann man diesen Abstand wohl noch etwas weiter ausbauen, wenn man die richtigen Karten ausspielt. Was der Titel zu bieten hat und ob die Vorschusslorbeeren zu recht verteilt werden, erfahrt Ihr in unserem Test.
Vater und Sohn
Eigentlich könnte alles so schön sein: Kratos hat sein letztes Abenteuer erfolgreich überstanden und schiebt nun eine ruhige Kugel in den Nordlanden. Naja, zumindest muss er nicht die Hinterteile irgendwelcher Götter treten, er ist sich aber durchaus darüber im Klaren, dass der Friede eher zerbrechlicher Natur ist. Deshalb bildet er auch seinen Sohn aus, der irgendwann mal in seine Fußstapfen treten soll.
Die nordischen Götter indes sind nicht ganz so begeistert über den neuen Bewohner – schließlich ist jemand, der eigenhändig den Olymp und dessen Götter zerstört hat, eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Zusammen mit dem unangenehmen Gekröse, das sich in den Nordlanden herumtreibt, gibt es genügend Gründe für Kratos und seinen Sprößling, zu den Waffen zu greifen. Das eigentliche Ziel lautet nämlich, die Asche der Mutter des Kleinen vom höchsten Gipfel der Nordlande rieseln zu lassen.
Top of the Line
Nehmen wir es einfach mal vorweg: „God of War“ ist eine technische und atmosphärische Offenbarung, Punkt. Besonders auf der PS4 Pro zählt der Titel eindeutig zum optisch eindrucksvollsten, was die aktuelle Konsolengeneration zu bieten hat. Die Entwickler haben hier mit allen erdenklichen Tricks gearbeitet, von der stimmungsvollen Beleuchtung bis hin zu verblüffenden Mengen an Partikeln ist alles dabei, was so ein Game gut aussehen lässt. Optionen für besser hochauflösender Optik bei (Checkerboarding-)4K beziehungsweise höhere Performance runden das Ganze ab.
Und da gibt sich auch die Soundkulisse keine Blöße: Dass die Sprachausgabe für einen solchen Triple-A-Titel erstklassig ausfällt, war natürlich zu erwarten. Aber auch bei den Effekten hat man keinen Aufwand gescheut und ein realistisches Abbild der jeweiligen Umgebung geschaffen. Hall und Echo passen stets zu dem Bereich, in dem wir uns befinden, und das unterstreicht die Atmosphäre deutlich, ohne dass es dem Spieler direkt auffallen würde. Das ist eben wahre Liebe zum Detail.
Jetzt neu!
Ihr habt schon sämtliche Teile der „God of War“-Reihe durchgekaut und erwartet alten Wein in neuen Schläuchen? Nun, da irrt Ihr Euch aber! Zwar bleibt auch das aktuelle „God of War“ seinen Wurzeln treu, gleichzeitig hat man aber auch an einigen Ecken und Enden Neuigkeiten einfließen lassen. Und das fängt schon bei der Kamera an: Dieses Mal sind wir näher an Kratos dran als früher, einerseits der Übersichtlichkeit wegen, andererseits behilft man sich mit diesem Trick dabei, den Spieler etwas tiefer ins Geschehen eintauchen zu lassen.
Auch das Equipment zeigt sich von einer ganz anderen Seite: Items, die man findet, haben unterschiedliche Werte und beeinflussen auf direkte Art und Weise die Performance im Kampf. Mit der passenden Ausrüstung ist es deutlich leichter, bestimmte Gegnertypen auszuschalten – hier schimmert doch tatsächlich ein wenig Rollenspiel-Flair durch. Doch keine Sorge, das ist weder umständlich noch lenkt es allzu sehr vom ansonsten stark actionlastigen Gameplay ab.
Hinzu kommen noch andere Dinge, etwa, dass man nicht mehr allein unterwegs ist, sondern stets seinen Sohn an der Backe hat. Auch wurde das Kampfsystem etwas anspruchsvoller – was aber nicht gleichbedeutend mit „schwerer“ ist. Insgesamt ist den Entwicklern ein echter Kunstgriff gelungen, denn man schaffte es, neuen Wind in eine etablierte Marke zu bringen, ohne von den Kernkompetenzen abzurücken.
Flawless Victory?
Was Sony mit dem neuen „God of War“ abgeliefert hat, ist nicht weniger als ein nahezu makelloses Spielerlebnis. Das beginnt schon bei der Story, die mehr ist als einfach nur ein hohler Rahmen für dumpfe Schlägereien. Es gibt eine interessante Dynamik zwischen Vater und Sohn, und das ist auch hervorragend inszeniert – ohne Kameraschnitte und Ladezeiten. Weiter bekommen wir ein absolut tolles Kampfsystem, eine Kampagne von der richtigen Länge (knappe 15 Stunden waren wir mit dem Spiel beschäftigt) und auch sonst fühlt sich „God of War“ einfach nur richtig an.
Und wenn es überhaupt etwas zu bemängeln gibt, dann betrifft das die technische Seite – und da dürft Ihr uns ruhig glauben, dass wir mit der Lupe gesucht haben. So ist die Framerate nicht immer stabil, ganz egal, ob man sich auf der PS4 Pro für den „Performance“-Modus oder den Optik-Modus entscheidet. Mitunter bricht die Bildwiederholfrequenz auf unter 30 ein, aber nicht so weit und so häufig, dass man sich ernsthaft davon gestört fühlt.
Kaufen? Unbedingt!
Auch als eingefleischter Xbox-Fan muss man zugeben: Sony hat hier einen First-Party-Titel abgeliefert, wie ihn die aktuelle Microsoft-Plattform vermissen lässt. Da hat man in den letzten Jahren einen ausgezeichneten Riecher bewiesen, und nach „Horizon: Zero Dawn“ dürfte man auch in diesem Jahr wohl wieder das „Spiel des Jahres“ in der Konsolenwelt stellen.
Noch einmal Erwähnung finden soll hier vor allem die Tatsache, dass man sich nicht von den eigentlichen Werten der „God of War“-Reihe distanziert hat, es gibt aber dennoch eine ganze Reihe von Neuerungen. Die haben die Entwickler nicht für sich selbst und ihr Produkt erfunden, man hat sich recht hemmungslos bei vielen großen Namen der Gaming-Kultur bedient. Und gerade wer diese gern und leidenschaftlich zockt, wird immer wieder daran erinnert, wo sich die Entwickler von „God of War“ inspirieren ließen.
Somit ist für uns ganz klar: Eine Kaufempfehlung muss auf jeden Fall ausgesprochen werden – zumindest für all diejenigen, die ein Faible für abwechslungsreiche Action-Games haben. Hier bietet man uns einen echten Ausnahmetitel, der unseren Game Award voll und ganz zurecht trägt.
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