Mit „Horizon: Zero Dawn“ wagen Sony und Guerrilla Games jetzt den nächsten großen Ausflug in die Welt der Exklusiv-Games. Schon im Vorfeld der Veröffentlichung wurde schnell klar: Wir haben es hier nicht mit einem verzweifelten Versuch eines Open-World-Games zu tun, sondern mit einem formidablen Knaller, ja gar mit einem System-Seller. Was wir über das Spiel denken, erfahrt Ihr in unserem Test.
Rise of the Robots
„Horizon: Zero Dawn“ erzählt uns die Geschichte einer postapokalyptischen Zukunft, in der sich die Menschheit von der allgegenwärtigen Technik lösen musste. Wie in Urzeiten leben sie als Jäger und Sammler, als einziges Überbleibsel der früheren Zeit bleiben die Maschinen zurück. Diese Dinosaurier-artigen Roboter waren für die Menschheit keine Bedrohung – bis eine Art Virus die Schaltkreise der Maschinen ordentlich durcheinander wirbelt. Plötzlich ist die Zeit des Friedens vorbei, und in der Haut der Jägerin Aloy müssen wir den Blechkisten jetzt Einhalt gebieten.
Die junge Frau hat eine außergewöhnliche Kindheit hinter sich: Als „Verstoßene“ wurde sie geächtet, niemand sprach mit ihr, Kinder durften nicht mit ihr spielen. Einziger Fels in der Brandung ist ihr Ziehvater Rost, der ebenfalls ein solcher Verstoßener ist. Er bringt ihr alles bei, was sie wissen muss und erfüllt damit sozusagen die Rolle des Tutorials in „Horizon: Zero Dawn“.
Ein Fenster in die Vergangenheit
Durch einen Zufall (oder war es doch eher Vorsehung?) findet Aloy noch als Kind ein kleines Gerät, ein Überbleibsel aus früherer Zeit, das wie ein Bluetooth-Headset aussieht. Dieses bietet nicht nur nützliche Dienste beim Erkennen der Umgebung, es liefert uns auch einen Blick in die Vergangenheit der Welt von „Horizon: Zero Dawn“. Letztendlich sind es Gerät und der nicht zu brechende Wille, die eigenen Wurzeln zu erkunden, die Aloy zu dem starken Charakter machen, der in einem Triple-A-Release seine Frau stehen kann.
Es dürfte sich bereits herumgesprochen haben: „Horizon: Zero Dawn“ ist ein Open-World-Game im reinsten Wortsinne, durch das wir Aloy in Third-Person-Perspektive steuern. So etwas kann durchaus gefährlich für das Storytelling sein, zu schnell verliert man sich in den Freiheiten, die man den Spielern erlaubt. Guerrilla Games hat hier aber zweifellos eine beachtliche Leistung vollbracht: Aloy ist eine Protagonistin, die in Sachen Glaubwürdigkeit und Profil der Vorzeigeheldin Lara Croft in wirklich gar nichts nachsteht.
Archaisch geballert
Großer Reiz geht in „Horizon: Zero Dawn“ von den spannenden Kämpfen aus. Die kommen in der Tat eher unüblich daher, denn handelsübliche Sturmgewehre stehen uns natürlich nicht zur Verfügung. Stattdessen ist Aloy eine Expertin am Bogen – und kann sich damit auch sehr gut gegen die Maschinen aus Metall, Drähten und Motoröl zur Wehr setzen. Darüber hinaus gibt es noch andere „antike“ Angriffsmöglichkeiten, etwa Schleudern. Auch Nahkämpfe sind möglich, aber nicht immer ratsam.
Ein umfangreiches Skillsystem sorgt dafür, dass wir längerfristig mit großem Eifer am Ball bleiben – stets arbeitet man auf die nächste große Freischaltung hin. Drei verschiedene Rubriken warten hier auf die Spieler, eingeteilt in „Jäger“, „Krieger“ und „Sammler“. Mit von der Partie sind eher offensichtliche Fähigkeiten wie spezielle Angriffe, aber auch spannende Features wie eine Art Zeitlupe während der Attacken, die uns etwas zusätzliche Zeit zum Zielen und Durchatmen verschaffen.
Wucht in Tüten
Die Präsentation von „Horizon: Zero Dawn“ ist absolut erstklassig – irgendetwas anderes zu behaupten, wäre gelogen. Die Naturlandschaft des Spiels ist so lebendig wie kaum eine andere, die man bisher in Videospielen zu Gesicht bekommen hat. Ob es kleine Häschen sind, die über die Wiesen hoppeln oder die Äste eines Baumes, die sich im Winde neigen – zusammen mit der starken Story ergibt sich hier eine Atmosphäre, wie sie nicht alltäglich ist. Und auch von der Natur mal abgesehen: Die Maschinen, die nicht selten verdammt groß sind, sind schon eine eindrucksvolle Sache und ein toller Kontrast. Man kommt aus dem Staunen einfach kaum heraus.
Beim Sound hat man ebenfalls weder Kosten noch Mühen gescheut, ein toller Soundtrack aus der Feder namhafter Gaming-Musiker untermalt das Geschehen, satte Soundeffekte sorgen für Atmosphäre und überwiegend tolle Sprecher liefern die deutsche Synchrofassung. „Überwiegend“ eigentlich nur deshalb, weil wir die Kinderstimme von Aloy nicht wirklich überzeugend fanden, das ist aber das sprichwörtliche „Jammern auf hohem Niveau“.
Volle Kanne
„Horizon: Zero Dawn“ ist in Sachen Gameplay ziemlich vielseitig. Uns bleibt fast durchgehend die freie Wahl, ob wir bei den Gegnern den Frontalangriff wagen oder lieber aus dem Verdeckten operieren und einen heimtückischen Angriff „von Hinten“ vollzieht. Durch unseren praktischen Technik-Sensor erkennen wir die Schwachpunkte der Maschinen und können sie so von ihrer Panzerung befreien. Und wenn es mal ganz besonders schlagkräftig zur Sache gehen muss, kann man die Waffensysteme der Maschinen per Beschuss entfernen und zum Angriff nutzen.
Toll ist es auch, dass man sich Pfeile und Hilfsmittel wie Inventarerweiterungen selbst basteln kann – ein rudimentäres Craftingsystem sozusagen. Insgesamt erinnern viele Waffen ein wenig an „Far Cry Primal“, was natürlich nicht zuletzt daran liegt, dass man auch hier ein wenig „Back to the Basics“ schreitet. Dabei gibt es auch „Elementarschaden“ – die Gegner sind durch Eis- oder Feuerschaden mal mehr, man weniger verwundbar.Mit einer Art Seilwerfer kann man die Maschinen überdies für eine kurze Zeit in ihrer Bewegung einschränken, was dem Kampfsystem noch eine zusätzliche Dimension verleiht.
Die Mischung macht‘s
Es ist bemerkenswert: „Horizon: Zero Dawn“ macht schon beinahe erschreckend viel richtig. Eine starke Protagonistin, die durch die Suche nach ihrer eigenen Identität getrieben wird und nicht minder viel Authentizität wie Lara Croft oder Katniss Everdeen besitzt, eine spannende Geschichte, in der ausnahmsweise mal ein Matriarchat dargestellt wird, spannende (obgleich etwas zu leichte) Kämpfe und eine satte Portion Rollenspiel-Elemente – das passt tatsächlich überraschend gut zusammen.
Und so dürfen wir uns über eine riesige Menge Spielzeit freuen – alleine die Hauptstory hält den Spieler mindestens 25 Stunden beschäftigt, wenn man die Spielwelt auf links drehen möchte, wird da viel, viel mehr draus. Eine tolle Präsentation, eine spannende Story und jede Menge Umfang, da sind wir nun wirklich schon verdammt nah am perfekten Spiel. Auf jeden Fall haben sich die Entwickler von Guerrilla Games nun wirklich einen Platz auf dem Gaming-Olymp ergattert. Man hat gezeigt, dass man nicht nur ein „One Trick Pony“ mit der „Killzone“-Reihe ist, man beweist Flexibilität und Behutsamkeit beim Angehen neuer und bislang fremder Thematiken.
[taq_review] [asa2]B00ZRQTKO4[/asa2]
Einfach nur das gut das Spiel, eine Meister Leistung 🙂