Wenn man in diesen Tagen einen neuen Racer in die Finger bekommt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Italiener von Milestone dafür verantwortlich zeichen, ziemlich hoch. Seit einigen Jahren haut man praktisch am laufenden Band alle paar Monate ein neues Game raus – so wie jetzt „MXGP 2“. Wir dürfen uns also wieder einmal auf ein Motorrad schwingen, und unser Test zeigt Euch, wie gut die Arbeit von Milestone geworden ist.
Über Stock und Stein
Es ist gerade mal eineinhalb Jahre her, dass die Mannen von Milestone „MXGP – The Official Motocross Videogame“ veröffentlicht haben, und schon steht der Nachfolger „MXGP 2“ bereit. Am Spielprinzip selbst hat sich dabei freilich nichts verändert, wohl aber an der Ausführung. Was „MXGP 2“ nämlich definitiv nicht ist, ist ein einfacher Neuaufguss mit aktualisierten Fahrer- und Teamdaten. Vielmehr dürfen wir uns über ein in nahezu allen Belangen verbessertes Spielerlebnis freuen.
Und das beginnt bereits bei der reinen Fahrphysik. Das ist ja ohnehin eine Sache, bei der sich Motorrad-Spiele signifikant von Automobil-Racern unterscheiden. Hier reicht es nicht einfach nur aus, vor der Kurve etwas vom Gas zu gehen, als würde man einen Rennwagen fahren. Es ist viel komplexer: Es geht auch um die Gewichtsverlagerung. Wir müssen uns nicht nur darum kümmern, was das Motorrad treibt, wir müssen auch die Körperhaltung unseres Fahrers im Auge behalten. Das Resultat ist eine deutlich steilere Lernkurve, ganz besonders im Vergleich zu simplen Arcade-Racern. Positiver Nebeneffekt: Hat man das Ganze gemeistert, geht man zumindest gefühlt als besserer Spieler vom Platz.
Mit allen Finessen – oder ohne
Die Feinheiten in Sachen Fahrphysik gehen bei „MXGP 2“ sogar soweit, dass man je nach Fahrhilfen-Einstellung sogar die Kupplung des Mopeds bedienen muss. Das ist dann aber schon eindeutig etwas für hartgesottene Zeitgenossen. Und das alles beschäftigt uns nicht nur auf irgendwelchen eben asphaltierten Rundkursen, sondern auf anspruchsvollen Untergründen, über Hügel, Sprünge und Schikanen. Ihr seht schon: Ganz ohne Lernkurve geht die Sache bei „MXGP 2“ nicht vonstatten. Umso erfreulicher ist es aber, wenn man nicht mehr ständig stürzt und über Platzierungen im Mittelfeld hinaus endlich mal auf einem der vorderen Plätze landet.
Es gibt für Genre-Verhältnisse eine ziemliche Vielzahl an Spielmodi – von der handelsüblichen Karriere über den „FIM Motocross of Nations“-Modus bis hin zu den „Realen Events“, einer Art Herausforderungsmodus, bei dem man ein Ziel aus einer vorgegebenen Situation heraus erreichen muss. Ebenfalls gibt es nicht nur typische Outdoor-Strecken, die Entwickler haben sich erstmals auch eine ganze Reihe von Stadion-Events aus den Fingern gesaugt. Es gibt eine Menge zu tun, und das dürfte Freunde einer Sportart, die sich nicht gerade der selben Popularität erfreut wie etwa Fußball und bei dem es auch kein riesiges Budget für Videospiele gibt, natürlich immens erfreuen.
Für Schrauber
Wie es sich gehört, enthält „MXGP 2“ natürlich nicht nur voll lizensierte Fahrer, Teams und Strecken – auch echte Motorradmarken sind mit von der Partie. Und das ist auch wirklich ganz besonders spannend für Anhänger der Zweiräder, denn die Möglichkeiten zum Schrauben an diesen Kisten sind immens vielfältig. Damit man sich hier aber so richtig austoben kann, muss man über entsprechende Barmittel verfügen – und die bekommt man, wie sollte es auch anders sein, durch mehr oder weniger erfolgreiches Fahren. Dadurch wird natürlich die Motivation angekurbelt, noch ein bisschen weiterzumachen, das nächste Tuning-Setup will schließlich auch noch ausprobiert werden.
Und noch ein Fortschritt
Spielerisch hat sich „MXGP 2“ gegenüber seinem Vorgänger auf jeden Fall deutlich gemausert – nicht nur in Hinsicht auf die Spielmechanik, auch der Umfang ist deutlich größer geworden. Aber auch bei der Grafik hat sich etwas getan, was nicht zuletzt daran liegen dürfte, dass der Vorgänger eines der ersten Next-Gen-Projekte von Milestone war und man sicherlich noch die eine oder andere Feinheit an der Engine verbessern konnte. Klar, man kann nicht erwarten, dass man uns einen überkrassen Grafikblender vor die Füße wirft – dafür hat ein vergleichsweise kleines Studio wie Milestone wohl gar nicht die Mittel. Gemessen an diesen Voraussetzungen sieht „MXGP 2“ toll aus, wir würden sogar so weit gehen und behaupten, dass es derzeit kein hübscheres Motocross-Game gibt. Auch technisch gibt es nicht viel Grund zum Klagen.
Ihr wollt uns motzen hören? Gut, können wir auch: Die KI ist wirklich nicht gerade das Gelbe vom Ei. Das fällt zunächst nicht wirklich auf, schließlich ist man damit beschäftigt, über die Runden zu kommen ohne ständig vom Hobel zu fallen. Sobald man aber ein wenig sicherer fährt, wird klar, dass die KI-Kollegen selbst in höheren Schwierigkeitsgraden nicht einmal annähernd Ideallinien fahren – dafür dann aber wie auf Schienen.
Und Abfahrt!
Eine Sache müssen wir aber noch einmal klarstellen: Mit den unbeschwerten Rasereien wie „MX vs ATV“ und Konsorten hat „MXGP 2“ auch nur die Motorräder gemeinsam. Der neue Milestone-Titel ist nicht als Arcade-Racer gedacht, selbst mit Fahrhilfen benötigt das Spiel eine gewisse Einarbeitungszeit. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man sich für „MXGP 2“ interessiert.
Für Fans des Vorgängers ist eine andere Sache wichtig: Die beiden Titel unterscheiden sich recht deutlich voneinander. Es ist schon fast tragisch, dass man so etwas heute noch als eine Besonderheit aufführen muss – wo man den Spielern doch nur allzu gerne das selbe Spiel mit aktualisierten Sportler- und Teamdaten mehrfach verkauft. Auch als alter Hase wird man sich mit der Fahrphysik auseinandersetzen müssen, letztendlich ist das aber keine negative Sache.
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