Kaum ein Genre war in den 16bit-Tagen so sehr verbreitet wie das der Jump-and-Runs. Das war sicherlich auch der Technik geschuldet, dennoch sorgten diese Einschränkungen für die wichtigsten Inspirationen auch aktueller Games. Mit „Rad Rodgers“ feiert THQ Nordic Ära und Genre – zum fast taschengeldkompatiblen Kaufpreis. Ob so etwas auch 2018 noch Spaß macht, erfahrt Ihr in unserem Test.
Böse Mami!
„Rad Rodgers“ erzählt uns die Geschichte des jungen Ricardo Rodriguez, der in den 90ern aufwächst und für sein Leben gerne zockt. Gerade hat ihm seine Mutter noch befohlen, ins Bett zu gehen, da gibt er ihr Widerworte und wird prompt ins Spiel hineingesogen. Jetzt muss er den Weg aus der „World One“ finden – immerhin ist er bei dieser Aufgabe nicht allein. Seine Konsole hat nämlich ein Eigenleben entwickelt und unterstützt ihn dabei. Auch mit dummen Sprüchen, denn daran mangelt es dem Begleiter nicht.
Und die sind nicht immer jugendfrei – und da man es sich nicht mit jüngeren Zockern als Zielgruppe verscherzen möchte, wird man auch direkt zum Start gefragt, ob Schimpfworte (die es wirklich reichlich gibt) zensiert werden sollen. Dann kann es mit der Action auch schon losgehen – und Action gibt es bei „Rad Rodgers“ tatsächlich. Mit einfachem Hüpfen und Rennen gibt man sich nicht zufrieden, es darf auch geballert werden.
Schema F?
Eigentlich ist gerade die Jump-and-Run-Portion von „Rad Rodgers“ ziemlich gewöhnlich: Wir müssen vier Viertel eines pizzaartigen Steins sammeln, dann öffnet sich die Tür zum nächsten Level der Welt. Unterwegs gibt es allerhand Gefahren: Gewässer, Dornen, Abgründe und verschlossene Türen machen uns das Leben schwer. Bewegende Plattformen, Rutschen und Trampoline helfen uns, unser Ziel irgendwie zu erreichen. Bis dahin also nichts, was irgendwie überraschend wäre.
Hinzu kommt allerdings eine Baller-Mechanik, denn unser Held besitzt eine Waffe, die mit einsammelbaren Powerups als Sturmgewehr, Gatling, Flammenwerfer oder auch Schrotflinte konfiguriert werden kann. Damit kann man sich den Weg freiballern und auch den einen oder anderen versteckten Kristall in einer Kiste finden. Außerdem sind manche Bereiche im Level verpixelt, da sie mitten in einem Dimensionsloch stecken. Da müssen wir unsere Konsole hineinschicken, die dann etwa vergessene Plattformen hervorkramt und uns so den Weg ebnet. Als Bonus gibt es dann noch Extra-Level, die ein wenig an das Handy-Game „Doodle Jump“ erinnern.
Das waren die 90s
Die Entwickler feiern in „Rad Rodgers“ die Neunziger in jeder denkbaren Art und Weise. Es gibt in der (deutschen) Sprachausgabe verschiedene Referenzen auf die Popkultur dieser Ära, Disketten übernehmen die Rolle der Checkpoints (inklusive Rattern des Laufwerks) und außerdem preist man den Titel als eine Hommage an PC-Klassiker wie „Commander Keen“ und „Duke Nukem“ an. Letzendlich kommt das Ganze aber deutlich bunter daher als die EGA-Shareware von anno dazumals.
Ein schneller Durchlauf durch „Rad Rodgers“ ist wohl in zwei bis zweieinhalb Stunden zu machen – wenn man darauf verzichtet, Geheimnisse zu erkunden und auf 100% zu spielen, was die Spielzeit gerade für Achievement- und Trophy-Hunter ordentlich in die Höhe schrauben dürfte. Das muss man wohl etwas relativieren, denn es geht nicht nur darum, den Abspann zu sehen, sondern um das Gesamterlebnis mit den 90s-Gags und der dazugehörigen Atmosphäre. Es bleibt daher dabei: Streng betrachtet gibt es andernorts mehr Spiel für‘s Geld.
Western von Gestern
„Rad Rodgers“ richtet sich ganz klar an diejenigen, die die 90er als Videospieler noch aktiv miterlebt haben. An und für sich eine tolle Sache, und da kommt auch die Aufmachung im Retro-Design nicht in die Quere, es gibt aber dennoch ein paar kleinere Dinge, die dem Spielspaß ein wenig in die Parade fahren. Als „behebbar“ stufen wir die Performance-Probleme ein – teilweise bricht die Framerate auf klar unter 30 ein, und das ist natürlich bei einem 2,5D-Plattformer auf einer aktuellen Konsole nicht zu vertreten.
Ein konzeptionelles Problem sind für uns die Level: Kürzere, knackigere Level empfinden wir gerade für heutige Verhältnisse als angenehmer als ausufernde Riesenlevel, in denen man sich auf der Suche nach einer der vier notwendigen Scherben verläuft. Davon dann gerne doppelt so viele, und der Umfang hätte auch wieder gepasst. „Rad Rodgers“ ist eben Oldskool durch und durch, und das muss man mögen.
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