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Review: The Last Guardian

Na das nennen wir doch mal eine bewegte (Entwicklungs-)Vergangenheit: „The Last Guardian“ wurde ursprünglich bereits 2009 für die PS3 angekündigt und sollte 2011 erscheinen – daraus wurde ganz offensichtlich nichts. Selbst der Entwickler wurde zwischenzeitlich gewechselt, nicht jedoch der zuständige Designer Fumito Ueda. Den kennt man ja schon von Werken wie „Shadow of the Colossus“ – doch konnte er auch bei seinem jüngsten Werk überzeugen? Lest unseren Test und findet es heraus.

Wat ein Viech ey!

„The Last Guardian“ erzählt uns die Geschichte eines kleinen Jungen, der in einer Höhle ohne Erinnerung aufwacht und außerdem ganz plötzlich mehr Tätowierungen besitzt als ein durchschnittlicher Hipster im Hamburger Schanzenviertel. Das alleine wäre ja schon ein ganz ordentliches Motiv für ein Videospiel, „The Last Guardian“ geht aber noch einen Schritt weiter. So finden wir in unmittelbarer Nähe ein verletztes, mehr als eigenartiges Riesenwesen vor. Eine Schimäre, die Merkmale der verschiedensten Tierarten trägt. Ob Hund, Katze, Maus, Ratte oder Huhn überwiegt, weiß wohl niemand so genau.

Zunächst müssen wir uns das Vertrauen von Trico, so heißt das Vieh nämlich, erarbeiten, denn in enger Zusammenarbeit lautet die Aufgabe, die Hintergründe der Situation aufzudecken und den augenscheinlich feindlich gesinnten Ort zu verlassen. Dabei ist „The Last Guardian“ darauf getrimmt, eine emotionale Verbindung zwischen dem Jungen und Trico aufzubauen. Das dürfte aber jedem völlig klar sein, der auch nur einen einzigen Trailer zum Spiel gesehen hat. Wer das zugegebenermaßen etwas eigenartige Tierchen nicht permanent flauschen will, hat wohl ein Herz aus Stein.

Keine Überraschungen

Dabei ist „The Last Guardian“ in spielerischer Hinsicht so überhaupt nicht ungewöhnlich: Rein mechanisch handelt es sich um eine Mischung aus Jump-and-Run und Puzzles, die in enger Kooperation zwischen den beiden ungleichen Partnern gelöst werden müssen. Die haben nämlich ihre eigenen Fähigkeiten, die sich ergänzen müssen – auch das kennt man bereits. Insgesamt wäre „The Last Guardian“ wohl nicht halb so reizvoll, wenn es da nicht die erstarkende Bande zwischen dem Jungen und Trico gäbe. Dieses Verhältnis wird im Laufe des Spiels unheimlich stark, auch wenn das seltsam anmutende Riesenvieh bisweilen ganz schön nerven kann.

Es ist nämlich nicht so, dass man in Sachen Steuerung einfach zwischen den beiden Figuren hin- und herschalten kann. Vielmehr muss man Trico davon überzeugen, etwas zu tun – und das kann schnell zur Geduldsprobe werden. Tatsächlich haben die Entwickler dem Wesen eine Art eigenen Charakter verliehen, und der ist vermutlich häufiger eigen- und unwillig, als es den Spielern in den Kram passt. Doch das ist kein Makel, es ist irgendwie eine Form von „Realismus“, wenn man das in diesem Kontext so nennen kann. Trico will überzeugt, belohnt und geknufft werden und hat dennoch seinen eigenen Kopf – auch das ist ein wichtiger Bestandteil von „The Last Guardian“.

Dass das Wesen kein willen- und seelenloser Begleiter ist, zeigt sich auch darin, dass es darauf programmiert ist, verschiedene Gemütszustände zu signalisieren – und zwar über die Augen. Die sind dann auch ein wichtiges Element, um die Geschichte von Trico zu erzählen, denn die ist nicht gerade eitel Sonnenschein und von Leid und Gefangenschaft geprägt.

Bin ich hier richtig?

In Teilen sorgt Tricos Eigenleben auch für spielerische Probleme. Die Rätsel, die man lösen muss, sind nicht immer offensichtlich. Das mag zwar den routinierten Puzzle-Fan nicht weiter stören, allerdings weiß man eben nie so genau, ob der Lösungsansatz richtig ist und wir einfach nur nicht passend mit dem riesigen Fellhaufen interagieren oder ob wir uns nun einen komplett falschen Plan zur Lösung ausgedacht haben. Das kann für weniger geduldige Zeitgenossen zu einem ziemlichen Ärgernis werden – aber das Durchbeißen lohnt sich.

Die vielleicht größte Schwäche ist allerdings die Kamera. So richtig entscheiden wollten sich die Macher offensichtlich nicht: Möchte man den Spielern nun eine automatische Kameraführung bieten oder sollen sie sich die Ansicht nach eigenem Gutdünken zurechtrücken? Das resultiert tatsächlich ziemlich häufig in einem mittelschweren Chaos, in unserem Test kam es einige Male dazu, dass wir deshalb mehr oder weniger unverschuldet das Zeitliche gesegnet haben.

Auf das Wesentliche konzentriert

Die Grafik von „The Last Guardian“ ist im Allgemeinen keine neue technische Referenz, vor allem in Hinsicht auf die Framerate gibt es nicht durchgehend solide Werte zu berichten. Die weitläufigen und monumentalen Areale der Spielwelt sind dennoch unheimlich schick anzuschauen und vermitteln das Gefühl, dass man wirklich in einer völlig fremden Welt verloren ist. Wo „The Last Guardian“ aber so richtig punktet ist… Ihr habt es sicherlich bereits erraten, die Darstellung von Trico. Fell, Federn und eine beinahe erschreckend realistische Darstellung eines Fabelwesens – das ist schon eine starke Leistung. Insgesamt gibt es bei der Präsentation wenig Grund zum Klagen, die Entwickler haben durchaus gezeigt, dass sie in der Lage sind, ein Spiel wie „The Last Guardian“ ordentlich und vor allem stimmungsvoll zu inszenieren.

Einen gewissen Minimalismus erkennt man dann aber bei den Rahmenbedingungen des Gameplays. Die Entwickler versuchen, den Spieler so wenig wie möglich aus dem Geschehen zu reißen – man muss sich nicht mit Menüs, Inventar, wirren Button-Kombos und dergleichen herumschlagen. Das mag für so manchen Spieler vielleicht wie ein spielerischer Rückschritt wirken, wir finden diese Entscheidung für einen Titel wie diesen aber goldrichtig.

Immer her mit den Taschentüchern

Es gibt eine Menge Videospiele, die ihre Geschichte gut erzählen. Es gibt auch viele Videospiele, die eine starke emotionale Komponente besitzen. So gut wie bei „The Last Guardian“ sieht man eine Kombination aus Story und Partnerschaft aber selten umgesetzt. Ohne jetzt groß spoilern zu wollen – dass es gegen Ende ziemlich heiß her geht, dürfte sich wohl jeder denken können. Da dürfte so mancher Spieler, der ansonsten ohne mit der Wimper zu zucken ganze Armeen in Shootern auslöscht, ganz schön mit den Tränen zu kämpfen haben.

Nun mag „The Last Guardian“ technisch nicht perfekt sein, auch muss man nicht jedes Gameplay-Element stimmig finden. Es ist aber die Gesamtheit des Spiels, die einfach nur begeistert. Schon lange gab es kein Spiel mehr, das uns so sehr in die Geschichte eingezogen und an sich gefesselt hat. Da spielt es dann auch keine Rolle, ob man eigentlich mit Rätseln nichts anzufangen weiß und normalerweise lieber andere Genres zockt: „The Last Guardian“ ist einer dieser Titel, den man unbedingt gespielt haben sollte.

 

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Ein Kommentar

  1. Wenn es mal Billiger ist werde ich mir „The Last Guardian“ auch mal anschauen 🙂

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