Wirklich frische Ideen sind selten geworden im Videospiel-Business. Fast alles war schon mal da – und das ist auch kein Wunder, hat das Medium die 40 Jahre doch mittlerweile locker hinter sich. Da ist es immer wieder ein Fest, wenn tatsächlich mal etwas Frisches auf uns wartet. In diese Rubrik fällt „Typoman: Revised“ aber auf jeden Fall – und was es damit auf sich hat, erfahrt Ihr in unserem Test.
Times New Roman
„Typoman: Revised“ ist so eine Art feuchter Traum für Designer und Scrabble-Spezialisten: Unsere Protagonist („HERO“) ist aus einzelnen Lettern zusammengesetzt und kämpft sich durch eine Spielwelt, die nicht nur Gefahren, sondern auch jede Mengen Buchstaben enthält. Mit diesen Buchstaben kann man Worte kombinieren, die dann mit der Spielwelt interagieren. Darunter könnt Ihr Euch nichts vorstellen? Dann versuchen wir mal, das zu erklären.
Gleich zu Anfang werden wir zu einer Art Aufzug geführt. Doch der will sich einfach nicht nach oben bewegen. Ein Blick auf die Umgebung offenbart, dass die Buchstaben „N“ und „O“ rein zufällig herumliegen. Formen wir aus diesen das Wort „ON“ in der Nähe des Aufzuges, gilt dieser als angeschaltet und setzt sich auch endlich in Bewegung. Das ist dann aber auch wirklich die einfachste denkbare Variante. „Typoman: Revised“ verlangt dem Spieler einiges ab, teilweise muss man sogar unter Zeitdruck und Hochgefahr Wörter bilden.
Halbgeviertstrich
Die größte Schwäche des Spiels ist eine, die sich wohl auch nicht hätte vermeiden lassen können: Zwar hat man die Menüs und die verschiedenen Texte im Spiel ins Deutsche übersetzt, die einzelnen Worte der Rätsel aber nicht. Klar, das hätte viel zu tief ins Gameplay eingegriffen und wäre teilweise überhaupt nicht möglich gewesen oder es wären zumindest Zusammenhänge verloren gegangen. Es macht „Typoman: Revised“ aber für die meisten deutschen Spieler frustrierend, vielleicht sogar schlichtweg unlösbar.
Durch bloßes Ausprobieren kommt man zwar so irgendwie zum Ziel, in aller Regel benötigt man mehr als einfach nur solide Englischkenntnisse. Es könnte sogar dann eng werden, wenn man „nur“ Filme und Serien regelmässig in der Originalfassung schaut. Umfangreiche Scrabble-Erfahrung in englischer Sprache ist dabei von großem Vorteil. Das ist definitiv schade, lässt sich aber einfach nicht vermeiden, wenn man so ein Spiel auf Basis der englischen Sprache entwickelt.
Fotokopie
Schon in der ersten Minute zeigt sich, dass die Entwickler von „Typoman: Revised“ stark von der Optik von „Limbo“ beeinflusst wurden. Und damit meinen wir nicht nur die überwiegend schwarzen Objekte und den düster-grauen Hintergrund – auch in Sachen Grausamkeit nehmen sich die beiden Spiele nicht viel. Unser Held muss nicht selten einen unschönen Tod sterben, was man bei einer scheinbar trockenen Geschichte wie einem Scrabble-Puzzler so gar nicht erwarten würde.
Und es gibt noch eine Sache, die an „Limbo“ erinnert: Kaum hat man sich an die Machart der Rätsel von „Typoman: Revised“ gewöhnt, ist das Spiel auch schon wieder vorbei. Gute viereinhalb Stunden sorgte der Titel bei uns für Unterhaltung, für „Native Speaker“ mit einem entsprechenden Gespür für Sprache und Worte dürfte das Vergnügen sogar ein noch kürzeres sein.
Sehr empfehlenswert, aber…
Selten hat uns in den letzten Jahren eine Spielidee so fasziniert wie die von „Typoman: Revised“. Zweifellos fiel diese auf fruchtbaren Boden, aber hinter der Puzzle-Game-Fassade steckt auch eine unheimliche Menge an Frische, wie man sie heute nur noch selten geboten bekommt. Und trotzdem müssen wir aus oben genannten Gründen eine Kaufempfehlung ganz klar einschränken.
Der Großteil der hiesigen Spieler wird „Typoman: Revised“ nicht ohne Hilfsmittel oder zumindest elendig lange Herumprobiererei durchspielen können. Man geht zu sehr auf Feinheiten in der englischen Sprache ein – was ja an und für sich eine tolle Sache ist. Schade nur, dass sich das nicht auf die deutsche Sprache übertragen ließ, denn die Idee ist großartig. Und genau darauf fußt auch unsere gute Wertung, die für Spieler mit entsprechend starken Sprachkenntnissen gilt. Alle anderen sollten lieber Abstand von „Typoman: Revised“ nehmen.
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