Auch auf die Gefahr hin, dass wir wieder wie eine Schallplatte mit Sprung klingen: Wie doch die Zeit vergeht! Ist es wirklich schon wieder vier Jahre her, dass uns Bethesda Softworks ihr mehr als ordentliches „Dishonored: Die Maske des Zorns“ vor die Füße geworfen hat? Zwischenzeitlich gab es noch eine Definitive Edition für die aktuelle Konsolengeneration, jetzt ist aber auch der Nachfolger erhältlich. Taugt „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ oder hat man sich zu sehr auf den Lorbeeren ausgeruht? Lest unseren Test und findet es heraus!
Umsturz in Dunwall
Allzu weit entfernt sich „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ inhaltlich nicht von seinem Vorgänger. Wir finden uns 15 Jahre nach dessen Ereignissen in Dunwall wieder, die Zeiten haben sich geändert. Emily Kaldwin herrscht als Kaiserin über das Reich, ihr Vater Corvo Attano unterstützt und berät sie bei dieser Aufgabe. Doch wo es Macht gibt, gibt es Neider, Ränkespiele und Intrigen.
Deshalb finden sich die beiden in einer unangenehmen Situation wieder. Menschen, die offen gegen die Politik von Emily Kaldwin stehen, werden getötet. Und das hinterlässt natürlich einen Faden Beigeschmack: Entledigt sich die Kaiserin auf diese Art und Weise ihrer potentiellen Feinde? Das kann natürlich nicht lange gut gehen, und so wird sie des Throns enthoben und durch Delilah ersetzt, eine angebliche Tante.
Wahlweise als Emily Kaldwin oder Corvo Attano sollen wir das jetzt alles aufklären. Wer ist Delilah wirklich, und wer gab die Morde in Auftrag? Wer versteckt sich hinter dem als „Kronenmeuchler“ bezeichneten Mörder? Insgesamt also eine durchaus spannende Geschichte mit reichlich Potential für Plot-Twists und Geheimnisse – und hier kann „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ auch durchaus punkten.
Die Freiheit gönn‘ ich mir
Was beim Vorgänger zutraf, gilt auch absolut für „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“: Das Spiel lässt uns alle denkbaren Freiheiten. Jeder Spieler kann für sich selbst entscheiden, wie man das Ganze angehen möchte. Wie ein wilder Beserker kann man durch die unheimlich spannend gestaltete Spielwelt heizen und alles plätten, was sich einem in den Weg stellt. Alternativ kann man etwa auch aus dem Dunkel interagieren – oder aber ein Zwischending jeglicher Ausprägung. Und dann darf natürlich auch nicht vergessen werden, dass es nicht nur zwei verschieden zu spielende Charaktere gibt (Ihr erinnert Euch: Emily Kaldwin und Corvo Attano), die beiden besitzen auch noch eine Menge Skills.
Es lohnt sich also durchaus, das Spiel mehr als einmal in Angriff zu nehmen – zwei Anläufe empfehlen sich auf jeden Fall. Und das auch nicht nur, weil es spielerisch größere Unterschiede zwischen den beiden Charakteren gibt. Auch die Spielwelt ist so vielfältig und voller Detailverliebtheit, dass man bei einem Durchlauf nicht mal ansatzweise alles erfassen und wahrnehmen kann. „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ ist definitiv ein Spiel für Leute mit dem Blick für Details.
In Dunwall nichts Neues?
Viele der Mechaniken hat „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ kurzerhand vom eigenen Vorgänger übernommen. Ob es sich um die spielerischen Freiheiten handelt oder aber um verschiedene Konzepte wie dem Chaoslevel – all das kennt man schon, wurde aber durchaus verfeinert. Je nachdem, für wie viel Chaos man sorgt, umso mißtrauischer werden die NPCs im Spiel – eine Tatsache, die dem vorsichtigen Spieler natürlich sehr entgegen kommt. Insgesamt ist das Spiel aber deutlich „relaxter“, was die Vorgaben angeht, man hat ein deutliches Plus an Freiheiten.
Und auch bei der KI ergibt sich ein bekanntes Bild – das ist aber ausnahmsweise mal wirklich als Stärke zu werten. Tatsächlich ist es nämlich so, dass die NPC-Wächter keine festgelegten Routen ablaufen, wie es etwa bei den „Thief“-Games der Fall ist. Darin lässt sich nur viel zu oft erahnen, was sich die Entwickler beim Design dieser spezifischen Situation gerade gedacht haben. Man ahnt, dass man in jenem Moment loslaufen muss, um sich in der nächsten Nische zu verstecken, bis der nächste Wächter aus dem kritischen Bereich verschwunden ist. Das fällt bei „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ einfach komplett flach, die Wächter sind quasi unberechenbar – und das ist ausnahmsweise auch wirklich gut so.
Techniksorgen
Berichten von PC-Spielern zufolge ist „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ dort eine ziemliche Wundertüte – gerade die Performance ist so eine Sache. Von derlei Sperenzchen bleibt man auf den Konsolen weitestgehend verschont. Allerdings muss man auch sehen, dass die Optik sich auf vergleichsweise unaufregendem Niveau abspielt. Sicher, die Umgebungen weisen ein großartiges Design auf, aber die Engine ist alt und nicht so ganz zeitgemäß. An einigen Ecken sieht „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ durchaus ordentlich aus, an anderen Stellen kommt man sich schon beinahe vor, als würde man wieder an einer Konsole der letzten Generation sitzen. Letztendlich hätten wir hier ein wenig mehr erwartet, schließlich handelt es sich beim neuen „Dishonored“ nicht etwa um einen x-beliebigen Wald- und Wiesentitel. So ganz ist das Bethesda nicht würdig. Immerhin stimmt die spielerische Seite.
Und außerdem auch die Sprachausgabe: Mit großem Synchronsprecher-Staraufgebot hat man sich an die deutsche Synchronisation gemacht – und da gibt es ja nun so überhaupt nichts auszusetzen. Besonders Manfred Lehmann, der Corvo Attano spricht, kennt praktisch jeder, der schon einmal einen Film gesehen hat, als Synchronstimme von Bruce Willis, seine Tochter Dascha Lehmann (Emily Kaldwin) als Synchronstimme von Keira Knightley oder Alyssa Milano. Das macht einen hochwertigen Eindruck, schade dabei nur, dass die Grafikseite hier nicht so ganz mithalten kann.
Würdig
Auf der einen Seite bietet „Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske“ keine bahnbrechenden Neuigkeiten. Man verlässt sich doch ziemlich stark auf das, was den Vorgänger ausgemacht hat. Immerhin gibt es dabei kleinere Verbesserungen und Verfeinerungen, insgesamt folgt man aber dem guten Beispiel. Das ist kein echtes Problem, nur sollte man sich dessen bewußt sein, wenn man über einen Kauf nachdenkt.
Ansonsten steht das Spiel unter dem Motto „Mehr Freiheit“, und diesbezüglich enttäuscht es ebensowenig wie in Hinsicht auf das Leveldesign und die Liebe zum Detail, die die Entwickler meisterhaft in die Waagschale geworfen haben. Wenn Ihr mit diesen Einschränkungen leben könnt, Bock auf solides Gameplay mit Wiederspielwert habt, dann seid Ihr hier goldrichtig.
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