Wir beamen uns gedanklich mal zurück – und zwar ins Jahr 1999. Damals erschien mit „Outcast“ ein sehr ungewöhnliches Game, das aufgrund der für damalige Verhältnisse mächtigen Grafikengine einen sehr leistungsfähigen Rechner erforderte. Heute ist das kein Problem mehr, und mit „Outcast: Second Contact“ erreicht uns jetzt ein Remake des Klassikers, das in halbwegs zeitgemäßer Verpackung daherkommen soll. Ob das gelungen ist, erfahrt Ihr in unserem Test.
Party like it‘s 1999
In „Outcast: Second Contact“ übernehmen wir die Rolle von Cutter Slade, der in einem Paralleluniversum in Adelpha eine Bruchlandung hinlegt und dort dem unterdrückten Volk der Talaner gegen ihre außerirdischen Oppressoren hilft. Ja, das ist haargenau die gleiche Geschichte, die man schon 1999 erzählt hat. Und auch die Gameplay-Elemente wie Questsystem, offene Spielwelt, Handlungsverlauf sind noch immer unverändert.
In erster Linie hat man also das alte Spiel in eine ganz neue Engine gepackt. Vorbei die Zeiten der hardwarehungrigen Spezialengine, jetzt läuft das Ganze in Unity. Das ist weder die erste Wahl, wenn es um hochwertige Triple-A-Optik geht, noch ein Garant für Top-Performance – aber so weit verbreitet und ausgereift, dass man mit überschaubarem (Entwicklungs-)Aufwand zu einem Ergebnis kommt.
Tempus fugit
Nun hat sich mit dem Engine-Wechsel also schon zwangläufig etwas an der Technik getan – aber da das Gameplay noch immer das gleiche ist, muss man sich darauf gefasst machen, fast zwanzig Jahre alte Standards zu durchleben. Bedeutet ganz konkret: Das Quest-Design ist viel zu eintönig, überhaupt gibt es in „Outcast: Second Contact“ leider nicht besonders viel Abwechslung von der standardmässigen Third-Person-Ballerei. Damals reichte das noch, um Preise einzuheimsen – aber die Zeit ist eben nicht stehengeblieben. Heute hat man ein besseres Verständnis von Spannungskurve und Pacing – beim Gameplay wie bei der Story.
Und auch bei Steuerung und Bedienung fühlt sich „Outcast: Second Contact“ nicht unbedingt modern an. Gut, das Spiel ist kein klassisches Remaster, das sich alleine aufgrund des Namens automatisch verkauft – dafür ist die Veröffentlichung des Originals einfach zu lange her. Es handelt sich um ein Projekt von Liebhabern für Liebhaber, aber es ist eben schade, wenn es bei solch grundlegenden Dingen schon hakt.
Licht und Schatten
Einige kleinere Punkte gibt es dann doch, in denen „Outcast“ einst seiner Zeit voraus war – und das entlockt bei „Outcast: Second Contact“ zwar keine Begeisterungsstürme, sticht aber wohltuend aus dem Einerlei heraus. Wenn man es schafft, den Titel mit dem Wissen, dass es sich um einen ehemaligen Kulttitel handelt, zu spielen und vielleicht ein wenig Sinn für Gaming-Archäologie hat, kann man wohl über die gröbsten Schnitzer hinwegsehen.
Und da muss man auch die Präsentation thematisieren. Natürlich sieht der Titel nicht mehr so aus wie anno 1999, es gab vielmehr eine ordentliche Verjüngungskur. Nur: Wirklich zeitgemäß ist das Ganze immer noch nicht. Es wäre sicherlich nicht besonders gemein, wenn man die Grafik eher auf den Konsolen der letzten Generation verorten würde. Gewissermaßen ist das ironisch: Damals war „Outcast“ so eine Art Grafikreferenz, heute reicht es beim Remake allenfalls noch zu „durchschnittlich“.
Staraufgebot
Und mit „Pro und Contra“ geht es auch beim Sound weiter – genauer: Bei der Sprachausgabe. Man nutzt die Sounddateien des Originals, was zunächst nach einem großen Makel klingt. Tatsächlich ist die akustische Qualität nicht gerad berauschend, dafür stimmen aber die Sprecher. Unser Held Cutter Slade etwa wird von Manfred Lehmann gesprochen, den wir als Stimme von Bruce Willis und Gérard Depardieu nur allzu gut kennen.
Da es wohl finanziell nicht tragbar gewesen wäre, das Ganze in den entsprechenden Sprachen nachzusynchronisieren, ist und bleibt die Nutzung der originalen Sounddateien die beste Wahl. Diesbezüglich wollen wir nicht meckern, müssen aber anmerken, dass diejenigen mit höchsten Qualitätsansprüchen bei „Outcast: Second Contact“ sicherlich nicht an der ersten Adresse sind.
Liebhaberstück
Und somit erklärt sich auch schon, für welche Spielergruppe „Outcast: Second Contact“ geeignet ist. Es sind nicht diejenigen, die im örtlichen Elektronikfachmarkt auf der Suche nach frischer Actionkost sind – die werden mit heutigen Qualtitätsanforderungen keine guten Worte für den Titel finden. Daran sind vor allem Gameplay und der Mangel an Abwechslung schuld, aber auch die technische Seite trägt eine Verantwortung.
Anders sieht es freilich aus, wenn man den Titel noch von damals kennt und mag – dann sieht man wohl gerne darüber hinweg, dass nicht alles perfekt ist.Wie groß diese Zielgruppe heute noch ist, ist natürlich fraglich, das soll aber unser Problem nicht sein. Letztendlich sollte man sich aber darüber bewusst sein, das es sich bei „Outcast: Second Contact“ nicht um einen Titel für Jedermann handelt.
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