Mit kräftiger Verspätung erreicht uns jetzt endlich XCOM 2 für die Konsolen Xbox One und Playstation 4. Zwar hieß es ursprünglich, der Titel sei PC-exklusiv, so wirklich glauben wollte das aber wohl niemand. Und so dürfen wir uns jetzt mit dem nächsten großen Krieg gegen die Außerirdischen beschäftigen – und ob das Spaß gemacht hat, erfahrt Ihr in unserem Test.
Alarmstufe Rot
So ein Ärger aber auch: „XCOM 2“ spielt zwanzig Jahre nach den Ereignissen von „XCOM: Enemy Within“, dem Add-On des letzten Konsolenablegers. Verfallt nicht dem Glauben, dass die Aliens besiegt worden seien und sich zurück ins All verdrückt hätten, denn der Weltsicherheitsrat ist der XCOM seinerzeit in den Rücken gefallen und hat sich den Außerirdischen ergeben. Doch die militärische XCOM-Organisation denkt gar nicht erst ans Aufgeben: Aus dem Untergrund verfolgt man nun die gleichen Ziele wie eh und je.
Dabei ist „XCOM 2“ seinem Vorgänger ähnlicher, als man es anhand dieses Settings glauben würde. Mittlerweile führen wir keine international unterstützte Basis mehr, sondern ein Alien-Raumschiff, dass wir uns unter den Nagel gerissen haben. Ihr seht schon: Die zugrunde liegende Geschichte und die Ausgangssituation mögen zwar andere sein, aber das Konzept bleibt das gleiche wie schon beim Vorgänger.
Vom Rechenknecht zum Konsolenfest
Dass Strategie-Titel auch auf den Konsolen funktionieren können, hat der Vorgänger mehr als eindrucksvoll bewiesen. Und das trifft auch ohne Einschränkung auf das neue „XCOM 2“ zu – die Steuerung ist nahezu optimal gelöst, zu meckern gibt es hier jedenfalls nichts. Technisch bewegt man sich auf einem recht soliden Niveau, allerdings gibt es hier und da mal ein paar Kleinigkeiten, die man ob der doch recht konservativen Technik vielleicht nicht so hakelig erwarten würde. Kein großes Ding – anders als die Ladezeiten. Die zerren nämlich ganz schön am Nervenkostüm. Falls die Entwickler das im Nachhinein noch ein wenig entschärfen könnten, wären wir ihnen sehr verbunden. Ansonsten gibt es, wie gesagt, wenig Grund für Beschwerden.
Planung und Management
Am grundlegenden Spielprinzip hat sich bei „XCOM 2“ im Vergleich zum Vorgänger nicht viel geändert. Die heimische Basis wird ausgebaut, was immer ein wenig im Mikromanagement ausartet. Es gilt, auf nahezu unendlich viele Dinge zu achten: Aufrüstung, Soldaten und deren Fähigkeiten, Bewaffnung und, und, und. Noch immer ist das Spielkonzept unheimlich vielseitig und komplex. Das ist sicherlich für viele Spieler etwas zu anspruchsvoll – ohne das jetzt böse zu meinen. Man kann einfach die Wurzeln der Reihe noch immer erkennen, das Ganze stammt eben aus einer Zeit, in der Spieler noch nicht jede Kleinigkeit nachgetragen bekommen haben.
Wenn man sich dafür begeistern kann, ist das Spielerlebnis eines, das man heutzutage nur außerordentlich selten erlebt. Erfolgreich ist nur, wer möglichst alles und permanent im Hinterkopf behält: Ressourcen, Personal, zukünftige Ausbauten. Da muss man sich ein wenig durchbeißen, es ist aber dafür umso befriedigender, wenn alle Zahnrädchen ineinandergreifen und alles nach Plan funktioniert.
Alles neu macht XCOM Zwei
Natürlich hat man in „XCOM 2“ nicht einfach nur neue Level auf die bestehende Engine gestöpselt. Es gibt durchaus ein paar Neuerungen – darunter etwa die Möglichkeit, die Position der eigenen Zentrale zu verändern. Klar, das liegt auf der Hand, wenn man schon in einem Raumschiff residiert, kann man das Teil auch bewegen. Auch die Seite, von der wir angreifen, hat sich geändert. Wir sind mittlerweile der Dorn in der Seite der Aliens, nicht umgekehrt. Das ändert zumindest in Teilen etwas an der Strategie, die man sich zurecht legt, wenngleich man sich davon keine vollkommene Abkehr bereits bekannter Muster versprechen sollte.
So liegt der Fokus dieses Mal mehr auf verdeckten Operationen – schließlich sind wir auch deutlich in der Unterzahl, wenn die Erde mittlerweile von außerirdischem Gekröse regiert wird. Das ist schon eine recht spannende Angelegenheit, positioniert man sich doch in einer eigentlich ziemlich ungewohnten Situation. Das reicht auf jeden Fall aus, um den Spieler ein wenig zu fordern, umdenken zu lassen. Es ist aber eben nicht der Stein der Weisen, der Zocker, die den Vorgänger nicht so recht mochten, plötzlich vom Gegenteil zu überzeugen vermag.
Die freie Wahl
Was „XCOM 2“ aber zweifellos besser macht als sein Vorgänger ist die Sache mit dem Equipment. Nicht nur, dass es eine ganz veritable Auswahl an Waffen gibt, verschiedene Extras bieten noch mehr strategischen Tiefgang. Das zeigt sich beispielsweise dann, wenn man per Autolader keine Züge mehr für das Nachladen mehr opfern muss – so etwas kann durchaus über Sieg und Niederlage in einer Schlacht entscheiden. Dadurch wird die überschaubare Zahl an Waffenklassen stark aufgefächert, ähnlich sieht es auch bei den Rüstungen aus.
Für Taktik-Freaks
Ganz klar: Wer „XCOM: Enemy Unknown“ und „XCOM: Enemy Within“ wirklich mochte, wird „XCOM 2“ von Herzen lieben. Man hat die eigentlich für unsere Zeit untypische Komplexität nicht eingedämmt, sondern eher noch weiter ausgebaut. Die Spielmechanik ist solide, durchdacht und auch das Balancing lässt keinen Raum für Beschwerden. Auf dem Silbertablett serviert man dem Spieler nichts, man muss sich die Dinge erarbeiten und auch ein kleines Faible für Mikromanagement mitbringen. Optisch mag „XCOM 2“ nicht den erhofften Fortschritt mitbringen, die die aktuelle Konsolengeneration ermöglichen würde. Ja, noch nicht einmal eine völlig makel- und ruckellose Darstellung der nicht gerade aufwändigen Grafik bekommt man auf die Kette.
Tatsächlich holt „XCOM 2“ die Spieler in Sachen Atmosphäre an einer ganz anderen Stelle ab. Der Charme ist vielleicht spröder als bei hollywoodreifen Triple-A-Produktionen von Electronic Arts oder Activision, aber er ist zweifellos vorhanden. Wenn man dafür empfänglich ist, wird man schnell feststellen, dass man viel mehr Zeit als erwartet in „XCOM 2“ versenkt. 1994, als der erste Teil der Saga erschienen ist, hätte man in der Presse wohl geschrieben, dass das Spiel ideal für kalte Winterabende ist, an denen man bei einer Tasse Tee und ein paar Keksen sorgsam vor sich hin planen kann. Das ist zwar in der heutigen, dynamischen Zeit mit Smartphones und Co. etwas schwerer vorstellbar, dennoch ein guter Hinweis darauf, welche Art Spiel „XCOM 2“ wirklich ist.
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