Im Moment befinden wir uns in Sachen VR ja noch ein wenig in der Selbstfindungsphase – welche Art Spiel eignet sich überhaupt dafür, tief einzutauchen und was wird von den Spielern gefordert und angenommen? Möglichst breit gestreut sind die Launch-Titel daher, und „RIGS: Mechanized Combat League“ vereint verschiedene Genres in einer Art Elektrosport-Titel. Ob das Ganze taugt oder ob Ihr Eure Euros lieber in ein anderes Spiel investieren solltet, erfahrt Ihr in unserem Test.
Sportroboter auf Abwegen
„RIGS: Mechanized Combat League“ bringt Sport mal auf eine andere Art und Weise: Es geht darin gar nicht so sehr um Athletik als um die Stärke von Eisen und Stahl. In Kampfrobotern, die den so gerne genutzten Mechs ziemlich ähneln, geht es heiß her: Eine Mischung aus Football, diversen anderen Sportarten und handfester Ballerei wartet auf den Spieler – und der ist dank „Playstation VR“ sozusagen mittendrin statt nur dabei.
Dabei geht es natürlich nicht immer mit rein demokratischen Mitteln zu. Wer siegt, erhält mehr Credits und kann diese dann in Verbesserungen und Mechs investieren. Dabei haben die verschiedenen Roboter-Klassen jeweils unterschiedliche Fähigkeiten – und da kommt dann auch eine etwas strategische Komponente ins Spiel. Manche eignen sich besser, um die Gegner auszuschalten, andere sind dafür mobiler und können sogar per Jetpack in die Lüfte aufsteigen.
Dabei darf man sich jetzt nicht vorstellen, dass die Maps einfach nur normale Football- oder Fußballfelder sind. Sie sind verschachtelt, mit Plattformen, Teleports, Tunnel-Bereichen und dergleichen mehr. Da kann man wirklich nur dann erfolgreich punkten, wenn man die verschiedenen Arenen (die immerhin auf der Erde stehen, was angesichts der futuristischen Thematik ja keineswegs selbstverständlich ist) auch gut kennt.
Ego-Perspektive
Und damit ist es noch längst nicht getan: Die wohl größte Herausforderung bei „RIGS: Mechanized Combat League“ ist gar keine, die uns das Spiel selbst vorgibt. Man muss zunächst einmal damit klar kommen, dass weder Steuerung noch die Darstellung das ist, was man als routinierter Videospieler gewöhnt ist. So zielt man etwa mit dem Kopf, was eigentlich recht intuitiv funktionieren sollte. Wir sind aber über die letzten gut 15 Jahre darauf konditioniert worden, uns mit zwei Analogsticks durch eine dreidimensionale Welt zu bewegen. Wie man sich vorstellen kann, spielt man „RIGS: Mechanized Combat League“ nicht nur wegen möglicher Übelkeit nicht für mehrere Stunden am Stück – auch die Ermüdung durch die teilweise schnellen Kopf- und Nackenbewegungen machen einem zu schaffen.
Das ist schon ein wenig schade, denn nicht nur, dass die Mischung aus Ballerei und Sportspektakel durchaus unterhaltsam ist und den Spieler durchaus zu fordern weiß, es gibt auch erstaunlich viel Tiefgang. Schon alleine dadurch, dass „RIGS: Mechanized Combat League“ auch eine wirtschaftliche Komponente hat. Die Dreierteams müssen ja nicht mit menschlichen Spielern besetzt werden, man kann sich auch KI-Teilnehmer mieten – gegen einen Anteil an den Einnahmen. Dabei ist es natürlich unterhaltsamer, im regulären Multiplayerbetrieb zu spielen. Die Singleplayer-Kampagne ist ganz in Ordnung, aber besonders in storytechnischer Sicht bestimmt keine Offenbarung.
Zentnerweise reiner Stahl
Während man bei so manchem anderen Playstation-VR-Titel mit mehr oder minder starken optischen Einschränkungen zu kämpfen hat – die vermutlich mit der VR-Darstellung zusammen hängen, wirkt „RIGS: Mechanized Combat League“ schon ziemlich ordentlich in Sachen Grafik. Egal, ob wir jetzt von der In-Game-Aufmachung reden oder von den Menüs: Dem Spiel liegt ein ziemlich cooler, futuristischer Stil zugrunde, wie man ihn eigentlich kaum hätte besser wählen können. Einzig die Tatsache, dass man einen schwarzen, runden Rahmen rund um die Kamera gelegt hat, fühlt sich ein wenig störend an.
Die Soundkulisse ist stimmig – zumindest insofern, dass man sie sich als mehr oder minder realistisch in einem solchen Mech-Umfeld vorstellen kann. Der Soundtrack ist wirklich nett ausgefallen und hat beinahe schon epischen Charakter während die Stadion-Kommentatoren für eine originale „vor Ort“-Atmosphäre sorgen. Insgesamt ist es tatsächlich so, dass man einen sehr guten Eindruck des „Mitten im Geschehen“-Seins bekommt. Hier haben die Entwickler doch sehr gute Arbeit abgeliefert.
Sollte man sich ansehen
Okay, so ein futuristisches Sport-Game ist nun bestimmt nichts für Jedermann – rein vom Genre her. Allerdings hat man hier schon den ersten Titel abgeliefert, der über die einfache Erwartungshaltung „Racing, Weltall, Shooter“ weit hinausgeht und uns in ein ungewöhnliches Szenario wirft. Und das ist durchaus reizvoll, denn so richtig spannend dürfte Virtual Reality dann werden, wenn man uns überzeugend in ganze fremde Welten packen kann.
Spielerisch wie technisch ist „RIGS: Mechanized Combat League“ sehr solide, teilweise sogar wirklich gut. Man geht über das Niveau eines Demos, wie man es gemeinhin von Launchtiteln solcher neuen Technologien annehmen würde, deutlich hinaus. Verschiedene Spielmodi, strategischer Tiefgang, Single- und Multiplayer, ordentliche Aufmachung – all das war für die Mannen von Guerrilla wohl Ehrensache. Falls Ihr dem Konzept „Mechsport“ etwas abgewinnen könnt und mal in eine etwas andere Welt abtauchen wollt, ist hier ein sehr guter Kandidat für Euch.
Das VR-Erlebnis
Jetzt noch ein paar Worte zu den Themen Immersion und körperliche Reaktionen darauf: Es ist tatsächlich ein echter Kulturschock, den man über so eine VR-Lösung wahrnimmt. Ob das Ganze nur eine vorübergehende Phase im Videospiel-Business ist – wie die Bewegungssteuerung, die mittlerweile auch kaum noch Fans hat – ist aktuell noch nicht abzusehen und hängt stark davon ab, was man uns an Spielmöglichkeiten bieten kann. Es ist aber insgesamt eine durchaus überzeugende Technologie, wenngleich qualitativ bestimmt noch Einiges herauszuholen ist.
Und dann ist da noch die Sache mit der Verträglichkeit: Man hat es ja schon im Vorfeld überall zu hören bekommen: Mit dem Erlebnis, das VR-Lösungen bieten, kommt längst nicht jeder Spieler zurecht. „Motion Sickness“ oder auf gut deutsch „Reisekrankheit“ kommt dann zustande, wenn das Gehirn überfordert ist, weil es optische Bewegungen wahrnimmt, der Körper aber keine solchen vornimmt. Das Ganze ist vergleichbar mit dem seltsamen Gefühl, das manche Menschen beim Treppensteigen auf einer stehenden Rolltreppe wahrnehmen. Das Gehirn erwartet Bewegung ohne körperliche Aktivität und ist verwirrt.
Die Reaktion auf diese Überforderung ist unterschiedlich: Manche Spieler kommen ohne größere Probleme damit klar, anderen haben nach dem Abnehmen des Headsets mit einem Schwindel zu kämpfen. Weniger schön ist es natürlich, wenn das zu Kopfschmerzen oder gar Übelkeit führt, aber auch das kann vorkommen. Dabei ist es ratsam, auf die Reaktion des Körpers zu achten und regelmäßige Pausen einzulegen. Und damit meinen wir nicht das übliche „Nach einer Stunde Spielen eine Pause einlegen“ wie es in den rechtlichen Hinweisen vieler Titel steht. Die Anzahl der Menschen, die problematisch auf VR reagieren, ist mit Sicherheit größer als bei regulären Videospielen, deshalb ist Vorsicht wirklich angeraten.
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