Es ist beinahe wie der ewige Kampf von David gegen Goliath – nur eben in Fußballschuhen und mit Elfmeter. Die Rede ist natürlich von PES vs. FIFA, die Schlacht, die auch 2016 wieder in eine neue Runde geht. Jetzt legt „Pro Evolution Soccer 2017“ vor – und das mit ziemlicher Wucht. Was uns am jüngsten Konami-Fußballer gefallen hat und was hätte besser werden können, erfahrt Ihr in unserem Test.
Krieg der Bälle
Man kann sich vermutlich vorzüglich darüber streiten – aber wir finden, dass die „Pro Evolution Soccer“-Reihe in der Regel spielerisch die Nase ein klein wenig vorne hat – dafür wartet die Konkurrenz eben mit einer gewaltigen Präsentation und unzähligen Lizenzen auf. Es ist und bleibt aber eine Geschmacks- beziehungsweise Glaubensfrage, welche Reihe man favorisiert. Wenn das Spiel die maximalmögliche Anzahl an lizenzierten Teams und Spielern haben muss, damit Ihr zufrieden seid und dem Polygonball in Ruhe nachrennen könnt, dann werdet Ihr schon aus diesem Grund (trotz immer stärkerer Bemühungen von Konami) mit „Pro Evolution Soccer 2017“ eben einfach nicht glücklich.
In dieser Ausgabe dürfen sich Spieler über Partnerschaften mit einigen populären Teams freuen. Soll bedeuten: Spieler, Teams, Daten, Gesichter, Trikots, Stadien und dergleichen mehr wurden haarklein und detailliert ins Spiel integriert. Mit von der Partie sind hier etwa Borussia Dortmund, FC Barcelona und der Liverpool FC sowie eine Reihe südamerikanischer Klubs. Auf Bayern München muss man bei „Pro Evolution Soccer 2017“ aber leider (okay, für manche eher „zum Glück“) verzichten. Auch Manchester United und Real Madrid sind nicht mehr dabei. So ist das eben – You win some, You lose some.
Immer schön üben!
Im Allgemeinen kann man sagen, dass „Pro Evolution Soccer 2017“ es hinsichtlich der Spielmodi eher traditionell hält. Wirklich substanziell neue Elemente gibt es da nicht, wer also auf eine kleine Revolution wie den Story-Modus von „FIFA 17“ wartet, tut dies leider vergeblich. Doch ist das ein ernsthaftes Problem? Wir finden: Nein. Es geht in erster Linie um spannende Spiele, es gibt wieder den myClub-Modus und alles, was man wirklich zum Glücklichsein braucht. Tutorials bringen einem die Basics bei, die man dann in zahlreichen Stunden nach und nach zur (möglicherweise vermeintlichen) Perfektion aufpoliert.
Dabei wird schnell offensichtlich, dass Konami in Sachen Spielmechanik und Ballphysik wieder Großartiges leistet. Sobald man den Dreh raus hat, hat man einfach das Gefühl, die totale Kontrolle über den Ball und das Geschehen erlangt zu haben. Die Steuerung ist exzellent – sogar noch mehr, als sie es beim Vorgänger war. Hier hat Konami wieder ganze Arbeit geleistet. „Pro Evolution Soccer 2017“ spielt sich dadurch beinahe schon intuitiv, sogar nach relativ kurzer Einarbeitungszeit. Hat man sich aber länger damit beschäftigt, findet man viele Feinheiten raus, die im Spiel gegen menschliche oder KI-Gegner durchaus von Vorteil sein können.
Es geht bergauf…
Nun ist es ja wirklich so, dass die Konkurrenz in Sachen Präsentation die Nase vorn hat – EA Sports hat aber auch einfach die Möglichkeiten, mehr Geld in ihre Projekte zu stecken. Allerdings hat sich Konami in den letzten Jahren deutlich Mühe gegeben, den Rückstand aufzuholen, und diese Bemühungen hat man auch in diesem Jahr nicht gescheut. Die Animationen sind flüssiger geworden und warten vergleichsweise selten mit unnatürlichen Sprüngen auf. Und besonders die Optik von Spielern, die zu den Partnerschafts-Teams gehören, ist schon ziemlich bemerkenswert. Atmosphärisch mag die Inszenierung der Matches ein wenig trockener wirken als bei der Konkurrenz, es reicht aber dennoch, um den Spieler vor der Konsole zu fesseln.
In diesen Bereich zählen auch die Kommentatoren von „Pro Evolution Soccer 2017“. Bekanntlich hat sich Wolff-Christoph Fuss aus dem Staub gemacht, um den Belag für seine Brötchen bei der Konkurrenz zu kassieren. Die treue Seele Hansi Küpper bleibt uns erhalten und bekommt in diesem Jahr erneut Unterstützung von Marco Hagemann. Das Duo ist und bleibt Geschmackssache, wir fanden die beiden aber atmosphärisch – bis auf die obligatorischen Wiederholungen, die man ruhig so langsam mal in den Griff bekommen könnte – absolut in Ordnung.
Mach mal langsam, Kollege
Es ist tatsächlich so, wie die „Pro Evolution Soccer“-Reihe es in den letzten Jahren vorgelebt hat: Bei „Pro Evolution Soccer 2017“ ist alles ein wenig langsamer als bei der Konkurrenz. Mehr Taktik, weniger Action – und auch diese Leitsatz hilft dabei, dass man das Gefühl, die Kontrolle über Ball und Spielgeschehen zu behalten, nicht verliert. Insofern muss man sich als Fan der Reihe nicht darauf einrichten, einen Paradigmenwechsel hinnehmen zu müssen. Konami bleibt den eigenen Prinzipien treu.
Insofern fällt auch die Einschätzung nicht anders aus als sonst: Extrem solides Gameplay, das uns – vorbehaltlich, denn das aktuelle FIFA 17 ist ja noch nicht erhältlich – besser gefällt als das der Konkurrenz. Und die „Schwächen“ sind ebenso die gleichen wie in den Jahren zuvor, und zwar deshalb, weil man diese einfach nur schwer oder überhaupt nicht in den Griff bekommen kann. Die Lizenzproblematik wird man wohl niemals lösen können, so lange Electronic Arts Fußballspiele produziert. Die Präsentation könnte man noch ein wenig weiter in Richtung TV-Übertragung mit mehr Dynamik und mehr Spaß vorantreiben – aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Und für das nächste Jahr wünschen wir uns Neuigkeiten an der Modus-Front. Sicherlich ist „Pro Evolution Soccer 2017“ in der vorliegenden Form absolut in Ordnung und gibt nicht viel Grund zum Meckern. Aber irgendetwas Substanzielles muss dann schon sein. Ob das in Form eines Story-Modus wie bei der Konkurrenz geschieht oder über etwas ganz neues – es wäre aber schön, wenn sich hier mehr tun würde als in der aktuellen Ausgabe. Okay, jetzt haben wir aber wirklich zu Ende gemeckert.
Wie gehabt
Wer soll sich „Pro Evolution Soccer 2017“ nun kaufen? Das ist ausnahmsweise wirklich leicht zu beantworten: All diejenigen, die sich der Serie längst verschrieben haben und die Konkurrenz links liegen lassen. Und all diejenigen, die von „FIFA“ die Nase voll haben und ein Plus an Gameplay gegenüber Lizenzen und Aufmachung bevorzugen. „Pro Evolution Soccer 2017“ ist hingegen kein ausschließliches Feuerwerk an Effekten, Lizenzen und Optik – wenn das wichtig ist, wartet man eben noch ein paar Tage auf FIFA. Da es aber zu beiden Spielen Demoversionen gibt, kann man sich wunderbar ein Bild von der Lage verschaffen.
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